der vetter aus dingsda

operette von eduard künneke

In kaum einer Operette wird musikalisch so beschwingt geträumt, gehofft und vor allem jahrelang gewartet, wie in Eduard Künnekes „Der Vetter aus Dingsda“. Da wartet eine Julia auf ihren Romeo, da wünscht sich die Freundin Hannchen vom heiligen Nikolaus einen reichen Mann, Tante und Onkel erwarten einen unbekannten Neffen mitsamt einer ersehnten Mitgift im Gepäck und der ungeschickte Egon hört beim Warten auf seine Herzenssdame lieber seinen Blumen zu, als Hannchens wenig wohlmeinenden Ratschlägen. In der Musik wird aus einer Frau schon mal eine Fee und anstelle am Geliebten hält man sich lieber am Mond fest.
Was aber, wenn aus ursprünglich sieben Jahren des Träumens und Hoffens plötzlich ein halbes Leben wird und aus jugendlichen Himmelsstürmern mit einem Mal eine Gruppe von Senioren? Wenn zwischen Mahlzeiten, Spielenachmittagen und anderen alltäglichen Ritualen trotz aller Mühe, sie zu unterdrücken, sich plötzlich doch all die ungelebten Wünsche und Hoffnungen immer wieder musikalisch Luft verschaffen? Mit Melodien wie „Strahlender Mond“, „Ich bin nur ein armer Wandergesell“ oder „Ich hab an sie nur stets gedacht“ beschreibt die Aufführung mal heiter-melancholisch, mal tragisch-komisch das Älterwerden von Menschen mit seinen ungenutzten Chancen, viel verpasstem Glück und in den träumerischen musikalischen Einlagen dennoch den Versuch, sich davon etwas zurückzuholen.   

text: gabriele wiesmüller



musikalische leitung: thomas rimes regie: rahel thiel bühne/kostüme: elisabeth vogetseder dramaturgie: gabriele wiesmüller licht: patrick fuchs

julia de weert: anke sieloff hannchen: christa platzer josef kuhbrot: joachim gabriel maaß wilhelmine: gudrun schade ein fremder: cornel frey ein zweiter fremder: tobias glagau egon wildenhagen: urban malmberg karl: sebastian schiller hans: ingo schiller

premiere am o9. februar 2o18 · musiktheater im revier gelsenkirchen, kleines haus


fotografie©björn hickmann


am musiktheater im revier konfrontiert die junge regisseurin rahel thiel in der operette „der vetter aus dingsda“ von eduard künneke illusionäre träume von der großen liebe mit einer ernüchternden realität (…) das geschieht mit hintergründigem, entlarvendem witz.

recklinghäuser zeitung

frau thiel spitzt in ihrem regieansatz den zustand des wartens zu, indem sie aus den sieben jahren, die julias vetter roderich in batavia verweilt, kurzerhand 70 jahre macht.

online-musik-magazin

nur bei sehr unbeweglicher erwartungshaltung im geiste der boulevardkomödie kann man übersehen, dass es sich am musiktheater im revier um eine handwerklich bis ins detail schlüssige, mutige, gewiss auch provokative inszenierung handelt, die gerade in den kontoversen, die sie auslöst und auslösen will, eine starke nachwirkung hat.

reaktion auf eine online-kritik