lyrische szenen von peter i. tschaikowski
„Eugen Onegin“ ist eine Oper über das verhinderte Liebesglück, über die Wichtigkeit des Timings, über die Endgültigkeit vertaner Chancen. Aber was wäre wenn? Was wäre, wenn Onegin sich direkt auf Tatjanas Gefühle eingelassen hätte? Was, wenn sich Lenski und Onegin doch nicht duelliert hätten? Wären dann alle glücklich? Wohl kaum – Puschkins Onegin ist nicht erst nach Lenskis Tod ein Getriebener, Tatjana nicht erst nach der Begegnung mit ihrem „Verführer“ eine Frau des großen aber gedankenlosen Gefühls. In Lenskis Dichternatur ist die Todessehnsucht bereits angelegt. Sie findet in seiner berühmten Arie Ausdruck. Bei Puschkin ist Olga eine pragmatische Dorfschönheit, bei Tschaikowski die scheinbar Heitere, die aber vom Leben und seiner Tragik mehr verstanden hat, als ihre vergeistigte Schwester. Sowohl in der Vorlage als auch in der Komposition ist der Konflikt in den Eigenschaften der Menschen angelegt und damit unvermeidbar. Doch anders als Puschkin schafft Tschaikowski mit seiner Musik eine Identifikationsfläche und damit auch Verständnis für die Fehler seiner Protagonisten.
text: anna chernomordik
lyrische szenen in drei aufzügen von peter i. tschaikowski | libretto von peter i. tschaikowski und konstantin schilowski nach alexander puschkin | aufführung in russischer sprache mit deutschen übertiteln | in einer musikalischen fassung von andré kassel
musikalische leitung: thomas rimes / askan geisler regie: rahel thiel bühne: dieter richter kostüme: renée listerdal licht: patrick fuchs dramaturgie: anna chernomordik / gabriele wiesmüller choreinstudierung: alexander eberle
larina: noriko ogawa-yatake tatjana: bele kumberger olga: lina hoffmann / boshana milkov filipjewna: almuth herbst eugen onegin: piotr prochera / petro ostapenko lenski: khanyiso gwenxane fürst gremin: michael heine / joachim gabriel maaß ein hauptmann / saretzki: john lim triquét: tobias glagau / jiyuan qui
premiere am o1. märz 2o19 · musiktheater im revier gelsenkirchen, kleines haus
foto (c) monika und karl forster
ausgerechnet im kleinen haus und ausgerechnet mit einer kammermusikalisch reduzierten fassung gelingt dem musiktheater im revier überraschend große oper. mit peter tschaikowskis tief traurigem herz-schmerz-drama „eugen onegin“ feierte in gelsenkirchen ein atmosphärisch dichtes, intimes psychotheater einhellig umjubelte premiere. das publikum honorierte mit großem beifall die sensible, stimmige und mätzchenfreie sicht von regisseurin rahel thiel auf ein zutiefst menschliches seelendrama rund um verschmähte liebe.
WAZ
regisseurin rahel thiel hat überaus genau mit ihrem ensemble gearbeitet. gelungen ist ihr ein meisterstück der personenführung, das so in der oper nur ganz selten zu sehen ist. (…)
rahel thiel nutzt in ihrer regie die qualität der intimität. das heißt auch, dass sie sich ganz darauf konzentriert, die geschichten aller personen bis in feinste regungen auszuerzählen.
kulturwest.de
große oper im kleinen haus. kann das gutgehen? szenisch überzeugt es. denn rahel thiel ist eine regisseurin mit ausgeprägtem blick fürs intime detail, wacher neugier fürs gefüge menschlicher beziehungen und gespür für die geheimnisse der menschlichen seele. all das prädestiniert sie für tschaikowskys „lyrische szenen“.
recklinghäuser zeitung
im kleinen haus des musiktheaters im revier in gelsenkirchen entfaltet diese geschichte eine überwältigende emotionale kraft. (…) die spannung fällt keine sekunde ab. (…) ein aufregend neues erlebnis eines bekannten stücks.